Plötzlich Bagger auf dem Feld

Mitteldeutsche Zeitung Halle 24. August 2024

Überraschung für Stadtverwaltung und Kommunalpolitik: Wo die umstrittene JVA Tornau entstehen soll, finden nun Arbeiten statt. Wie die Landesregierung das erklärt.

VON JONAS NAYDA HALLE/MZ. Eigentlich sollte der Bau der neuen Justizvollzugsanstalt (JVA) Tornau erst im Jahr 2026 beginnen, doch nun geht es anscheinend ganz schnell: Seit dieser Woche graben mehrere Bagger
auf dem Acker, wo mal das Gefängnis stehen soll. Anwohner, Kommunalpolitiker und Stadtverwaltung sind überrascht. Offenbar wusste niemand, dass es jetzt schon losgehen soll. Werden nun etwa Fakten für das umstrittene Großprojekt geschaffen? Das zuständige Finanzministerium weist das zurück.

Kritik aus der Politik

Der hallesche Landtagsabgeordnete Wolfgang Aldag (Die Grünen) zeigt sich entsetzt: „Obwohl das Land und die Baufirma wissen, dass der geplante Neubau der JVA in der Bevölkerung kontrovers diskutiert wird und auf breite Ablehnung stößt, agieren sie weiterhin mit einem Höchstmaß an Intransparenz“, kritisierte er am Freitag. Das verstärke das Misstrauen und gefährde die Akzeptanz des Großprojektes. „Nachdem die Landes-
regierung bereits den Bau der JVA ohne angemessene Kommunikation angekündigt hat, zeigt sie erneut, dass ihr das Vertrauen der Bevölkerung nicht wichtig zu sein scheint“, sagte Aldag. Dieses „Gutsherren-Verhalten“ solle man überdenken.

Auch aus der halleschen Stadtverwaltung kommt Kritik. Man sei ebenso von den plötzlichen Arbeiten auf dem Feld überrascht worden, heißt es. „Die Stadt hat das Land dringend gebeten, zu erklären, auf welcher genehmigungsrechtlicher Grundlage gearbeitet wird. Außerdem hat die Stadt das Land als Vorhabenträgerin dringend gebeten, eine aktive Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben“, sagt Pressesprecher Drago Bock auf MZ-Anfrage.

Laut Nancy Eggeling, Pressesprecherin des Landesfinanzministeriums, handele es sich in Tornau nicht um Bauarbeiten im engeren Sinne, sondern um Vermessungsleistungen, Baugrunderkun-
dungen und archäologische Voruntersuchungen. „Die Arbeiten unterliegen keiner amtsseitigen Baugeneh-migungspflicht und führen zu keinen Verkehrsbeeinträchtigungen.“ Diese Vorarbeiten würden immer auf allen Grundstücken der landeseigenen Immobilien- und Projektmanagementgesellschaft (IPS) stattfinden. Es gehe darum, gesicherte Grenzverläufe, die Tragfähigkeit und die Art des Bodens sowie die historische Bedeut-samkeit zu klären, bevor mit der Planung begonnen werde. „Um die Arbeiten technisch zu realisieren, ist auch der Einsatz schwererer Technik, wie zum Beispiel Bagger, notwendig“, sagt Eggeling.

Wie lange die Bagger auf dem Feld arbeiten werden, ist zurzeit noch unklar. Bisher sind zumindest keine archäologischen Funde bekannt. Ein Gefängnis werde zumindest zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gebaut. „Nach Beendigung der Sondierungsarbeiten werden die Flächen für eine weitergehende landwirtschaftliche Nutzung wieder-hergestellt“, sagt Eggeling.

Rat hat nicht abgestimmt

Im halleschen Stadtrat gab es bislang noch keine Abstimmung über die neue JVA bei Tornau. Die Stadt-verwaltung bereitet zurzeit die Aufstellung eines Bebauungsplans vor, der dann in den Rat eingebracht wird. Weil das Grundstück im sogenannten Kaltluftentstehungsgebiet liegt, gilt vor allem die geplante Flächen-versiegelung und Bebauung in dem Bereich als problematisch. Im Vorfeld der Kommunalwahl hatten
viele Kandidaten und Parteien angekündigt, den Bau nicht zu unterstützen. Vor allem die Bürger in
Halles Norden hatten sich vehement gegen das Großprojekt ausgesprochen. Das Land will sein Justizvoll-
zugssystem modernisieren. Der Neubau in Tornau soll die veralteten halleschen Gefängnisse „Roter Ochse“ und „Frohe Zukunft“ ersetzen. Auf einem rund 17 Hektar großen Gelände nahe der Autobahn 14 soll demnach eine moderne JVA mit rund 440 Haftplätzen entstehen. Der Baubeginn ist eigentlich für 2026 geplant, die Inbetriebnahme für 2029. Bauherrin und Projektverantwortliche ist die landeseigene Gesellschaft IPS.