Naturschutz vor dem Kollaps?

Wegen massiver Kürzungspläne bei Landesmitteln für Umweltprojekte schlagen Verbände Alarm. Mit einem Brief haben sie sich an die Fraktionen gewandt.

Mitteldeutsche Zeitung vom 25.11.2024 – von ALEXANDER WALTER

Umwelt- und Naturschutzverbände in Sachsen-Anhalt protestieren gegen Kürzungspläne des Umwelt-ministeriums beim Naturschutz im Doppelhaushalt 2025/26. In einem offenen Brief haben sich zehn Verbände dazu an die Chefs der Fraktionen im Landtag gewandt. Die Organisationen kritisieren vor allem, dass die Kofi-nanzierung für neue Naturschutzprojekte – darunter fürs ELER-Pro-gramm der EU – fast vollständig gestrichen werden soll. „Dieses drastische Vorgehen ist bundesweit beispiellos und widerspricht den Vereinbarungen im aktuellen Koali-tionsvertrag“, schreiben die Verfasser.

Pflichtaufgaben auf der Kippe

„Das Wegfallen dieser Instrumente würde den Zusammenbruch sehr erfolgreicher Naturschutzprojekte
im Land bedeuten“, heißt es weiter. Und: Es stehe die Erfüllung „wichtiger Landespflichtaufgaben auf dem Spiel. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem der Naturschutzbund (Nabu), der BUND, die Naturfreunde Sachsen-Anhalt sowie der Landesverband Landschaftspflege. Unterstützung erhalten die Or-
ganisationen von den Grünen:

Von den Kürzungen betroffen wären laut Aldag unter anderem Schäfer, die auf Natura-2000-Flächen fürs Land die Beweidung wahrnehmen. Tatsächlich handele es sich in Teilen um Pflichtaufgaben. Würden diese nicht erfüllt, drohe dem Land ein Vertragsverletzungsverfahren der EU. Laut Nabu wäre in Regie der Organisation auch ein mehrjähriges Artenhilfsprogramm mit Sachsen zum Schutz des Kiebitzes hinfällig, sollten die Einsparungen kommen. Das Gleiche gelte für die Fortsetzung eines Projekts zum Schutz der Großtrappe bei Schön-hausen an der Elbe. Kürzungen um 44.000 Euro sind laut Grünen daneben auch beim Storchenhof Loburg geplant.

Fatal sei, dass ohne die Bereitstellung von Eigenmitteln des Landes Fördergelder der EU in Höhe von 20 Millionen Euro verfallen könnten, ergänzte Aldag. Neben den Naturschutzverbänden beklagen auch mehrere Naturparks, darunter der Naturpark Harz, dass Kostensteigerungen durch Tarifsteigerungen und Fixkosten vom Land im Doppeletat nicht berücksichtigt würden. So liege ihr Finanzbedarf ab 2025 bei 1,68 Millionen Euro, schreiben die Parks in einem Antrag zum Haushalt. Das Land wolle aber lediglich die bisherige Zuwendung von 1,09 Millionen Euro weiterzahlen.

Ministerium will nachbessern

Das Umweltministerium räumte auf Anfrage ein: Bei der Aufstellung des Doppelhaushalts habe das Haus – wie alle Ministerien – nicht für alle Bereiche Zuwächse einplanen können. „Angesichts der angespannten haushaltspolitischen Lage ging es darum, Prioritaten zu set-zen, sagte Sprecher Matthias Stoff-regen. Das habe das Haus getan und etwa sichergestellt, dass es keine Abstriche beim Hochwasserschutz oder bei Zukunftsthemen wie dem Hochlauf der Wasserstoff-wirtschaft gibt. Beim Naturschutz werde sich das Budget nach Vorgaben des Finanzressorts auf der Höhe der 2023 abgeflossenen Mittel bewegen. Das Ministerium tausche sich aber mit dem Parlament aus, um Verbesserungen für den Naturschutz zu erreichen. Der Doppelhaushalt 2025/26 wird derzeit im Landtag beraten. Die Koalitionäre von CDU, SPD und FDP können vor dem Beschluss noch Änderungen einarbeiten.